Ildikó von Kürthy: "Mir hat kein Mann je einen Drink spendiert"

Gespräche mit Ildikó von Kürthy, 51, verlaufen so perlig, wie sich ihre Romane lesen. Lustig ist die 51-jährige, unterhaltsam – und manchmal nachdenklich; passend zum Thema ihres neuen Romans. In „Es wird Zeit“ geht’s um einen wichtigen Wendepunkt im Leben einer jeden Frau, die Jahre um die 50.

Ihre Protagonistin ist fast 50 – und hat mit allerlei Problemen zu kämpfen. Was hat Ihnen vor dieser Wegmarke am meisten zu schaffen gemacht?
Runden Geburtstagen stand ich immer relativ gelassen gegenüber. Bei mir waren sie höchstens Anlass für ausufernde Feste. Wobei mich die 50 dann doch unerwartet nachdenklich gemacht hat. Mehr als die Hälfte des Lebens ist vorbei. Wenn man große Veränderungen plant, sollte man seinen Mut zusammenkehren und sich aufmachen.

Ildikó von Kürthy

Sie ist ein neuer Mensch!

Was planen Sie Großes?
Manche Veränderungen kommen ganz von selbst: Ich steuere mit Schrecken auf die Pubertät meines Sohnes und meine eigenen Wechseljahre zu. Zwei Hormon-Tsunamis gleichzeitig. Daneben plane ich einen Podcast und werde auf jeden Fall noch ein Theaterstück schreiben. Und mein neuer Roman wird verfilmt – es tut sich also einiges.

Klingt, als hätten Sie überhaupt keine Probleme mit dem Älterwerden.
Im besten Fall geht es einher mit wachsender Zufriedenheit. Das Problem ist, dass man sich das leider nicht vorstellen kann, bevor man selbst älter ist. Ich dachte immer, dass einen das doch quälen müsste, wenn man langsam, aber sicher aufs Grab zusteuert. Aber ich fühle gerade eine wunderbare Wertschätzung dessen, was ich habe. Obwohl es natürlich auch schwere Verluste zu verkraften gibt, Eltern sterben, Freunde werden krank. Und die Veränderung des eigenen Körpers will auch verkraftet werden.

Gerade die macht vielen Frauen ganz schön zu schaffen.
Mit dem Einsetzen der Wechseljahre geht’s ja oft rapide abwärts, manche Frauen altern dann innerhalb kürzester Zeit. Diesen Schritt habe ich, fürchte ich, unmittelbar vor mir. Hilfreich ist, dass ich ohnehin noch nie die Karte „Schönheit“ spielen konnte. Erstens war ich nicht schön genug, zweitens hatte ich einen blinden Vater, der mit blendendem Aussehen nichts hätte anfangen können. Ich musste immer auf Sprache und im besten Fall Klugheit setzen. Deshalb hoffe ich, dass mir der Abschied von Äußerlichkeit nicht so schwerfallen wird.

Neuland

Die Suche nach einem besseren Leben

Eigentlich ganz gut.
Jetzt ja. Die Kehrseite ist: Mir hat kein Mann je einen Drink spendiert, und ich wurde auch nie gefragt, ob ich Model werden möchte.

Was ist vorteilhaft daran, in den kommenden Jahren einen vertrauten Mann an der Seite zu haben?
Das finde ich auf vielerlei Ebenen wunderbar. Das Zurückschauen aufs gemeinsame Leben macht Spaß. Und im besten Fall wappnet einen die gefestigte Beziehung für alles, was da noch so kommt.

Ihre Heldin treiben viele unerfüllte Sehnsüchte an. Sollte man diese noch schnell ausleben, etwa mit einer Affäre?
Puh, solche Träume können einen ja auch geradewegs ins Unglück führen. Zuvor sollte man sich genau fragen, welche Opfer man dafür bringen muss – die eigene Ehe beispielsweise. Und ob sich das dann noch lohnt.

Welche Männer gefallen Ihnen?
Zunehmend weniger. Ich möchte fast sagen: keine mehr. Meine intensiven Begegnungen in den letzten Jahren waren alle mit Frauen. Das liegt wohl daran, dass Männer in meiner Generation im Gespräch selten so ehrlich mit sich sind, wie ich es von Frauen kenne.

Ihre Heldin muss den Verlust der Mutter verschmerzen. Auch Sie haben Ihre Eltern früh verloren.
Mein Vater ist vor 25 Jahren verstorben. Das bewegt mich sehr: Ich bin genauso lang auf der Welt mit ihm wie ohne ihn. Deshalb bin ich mit meinem kleinen Sohn in diesem Jahr zum Grab gefahren, wir haben es ganz toll hergerichtet und mit einer Maulwurfskulptur dekoriert. Ich bedauere oft, dass meine Kinder von meiner Seite keine Großeltern haben.

Wie gern sind Sie Mutter?
Super gerne. Ohne dass ich behaupten würde, dass ich eine besonders gute bin. Es ist ein schwerer, schöner, großartiger Prozess. Es klingt wie eine Binsenweisheit, aber es stimmt: Muttersein ist das Glück meines Lebens.

Wie sehr graut Ihnen davor, dass die Jungs ausziehen?
Meine Söhne gehen nie aus dem Haus, das habe ich für mich beschlossen. Na ja, dieses Loslassen ist von der Natur vorgesehen. Meine älteren und weiseren Freundinnen versichern, dass es ein Leben danach gibt.

Nach dem Buch ist vor dem nächsten Buch: Wann flutscht das Schreiben am besten?
Auch das hat sich verändert. Früher war es ein eruptiver Prozess, unterstützt von Zigaretten und Wein. Heute rauche ich nicht mehr, mein Arbeiten ist diszipliniert geworden. Erst heißt es Schulbrote schmieren, Kindern tschüss sagen – und dann ab in die Juristen-Bibliothek. Dort halte ich fünf Stunden bis zum Mittagessen durch. Und das brauche ich dann auch.

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